Tochter der Götter - Eismagie
Kapitel 1
Aus einem tiefen, heilenden Schlaf aufzuwachen, ist wie aus den Tiefen eines Sees aufzutauchen, in dem kleine Bläschen um mich tanzen und von oben Helligkeit lockt.
Langsam nimmt die Welt um mich herum Gestalt an. Es ist Nachmittag. Die Luft duftet nach heller Sonne, heißem Stein und endlosen Tagen der Sommerdürre. Insekten zirpen, ihr unendliches Lied eine ausgetrocknete Melodie. Die Hitze ist so drückend, dass ich fast meine, sie mit dem Messer schneiden zu können. Ich stelle nicht die Tageszeit infrage, sondern nur, welchen Tag wir haben. Ich gehe davon aus, dass es nicht derselbe Tag ist, an dem ich eingeschlafen ... und fast gestorben bin. Mal wieder.
Unter der Decke lasse ich meine Finger über die wunde Haut meines Bauches gleiten, um dort eine erhabene, frische Narbe zu finden. Ich wurde ein weiteres Mal gezeichnet, eine Ergänzung der anderen Narben, innerlich wie äußerlich.
Ich sehe zu Griffins Seite des Bettes, doch es überrascht mich nicht, es leer vorzufinden, die Laken kalt. Er hat Dinge zu erledigen; ein Königreich zu führen.
Ich seufze, obwohl das absurd ist. Bevor ich Griffin getroffen habe, habe ich nie geseufzt.
Sein Kissen zeigt mir immer noch die Kuhle, die sein Kopf hinterlassen hat. Ich lasse die Hand über die Einbuchtung gleiten und denke daran, wie er mich damals wegen meiner Königsmacherinnen-Magie entführt hat und ich ihn auf Schritt und Tritt bekämpft habe.
Doch Griffin hat sich mit mir mehr eingehandelt, als er geglaubt hat, und ich bin immer noch nicht bereit, ihm das Schlimmste zu erzählen.
Herold des Endes. Zerstörer der Reiche.
Ich schließe fest die Augen, sehne mich erneut nach der wunderbaren Ahnungslosigkeit des Schlafes. Doch ich bin nicht mehr müde. Halbwahrheiten und Informationen, die ich wissentlich verschwiegen habe, gären in meinem Inneren, gepaart mit eisiger Angst, die direkt unter der Hitze meiner neuen Narbe wohnt. Griffin weiß nicht, wer ich wirklich bin. Weiß nicht von der schrecklichen Prophezeiung. Nicht mal in Bezug auf Daphnes Drohungen war ich ehrlich. Dinge vor Griffin zu verbergen ist, was mich hier in dieses Bett gebracht hat, verletzt und erfüllt von Schmerzen. Griffins ehemalige Geliebte wusste genau, was sie tat, als sie aus den Schatten zugeschlagen und mir ein Messer in den Bauch geschleudert hat. Sie hat nur nicht geahnt, dass ich es herausziehen und zurückwerfen würde.
Die Tür schwingt auf, und ich drehe den Kopf. Bei Griffins Anblick beginnt mein Herz zu rasen. Groß und breit, muskulös, aber schlank, tigert er in den Raum wie ein Raubtier, der Blick selbstbewusst und sicher, die glitzernden grauen Augen unverwandt auf mich gerichtet. Tintenschwarzes Haar, eine Adlernase, ein stures Kinn und der dichte, schwarze Bartschatten lassen ihn hart und beängstigend wirken. Mit dem Schwert an der Hüfte und den gesenkten dunklen Brauen wirkt er wie ein Kriegsherr kurz vor dem Angriff.
Ein Zittern überläuft mich. Ich könnte ihn nicht mehr begehren.
Ein Gewittersturm wallt in meinen magiegefüllten Adern auf. Ich sehe Griffin an, fühle ihn in meiner Nähe und kann all die schrecklichen Dinge ignorieren, die dafür sorgen, dass ich mich in mich selbst zurückziehen und verschwinden will. Er verharrt neben dem Bett. Sofort kocht mein Blut vor Hitze und Begehren. Ich frage mich, was er mit mir anstellen wird. Was ich mit ihm anstellen werde.
Ich strecke die Hand nach ihm aus, doch Griffin verschränkt die Arme und starrt von oben auf mich herab.
Meine Hand hängt einen Moment in der Luft, und mein Herz scheint ebenfalls zu erstarren. Plötzlich wird meine Kehle eng, sodass meine Stimme rau klingt: "Ich kann dich immer noch in mir fühlen."
Seine versteinerte Miene ändert sich nicht, doch sein stahlgrauer Blick huscht zu meinen nackten Brüsten. Als er die Augen wieder hebt, wirken sie hart und kalt wie Granit, der mit Eis überzogen ist. "Hast du es