Blut will Blut
Kapitel Eins
"Und? Was soll die Aufregung?" fragte Spraggue. "Hat bei Ihnen noch nie einer gekündigt?"
"Nicht eine Woche vor der gottverdammten Premiere!" Erregt schüttelte Arthur Darien sein lichtes Haupt. "Es müssen die Bloody Marys gewesen sein. Das hat ihn wirklich geschafft."
Spraggue nickte nur. Darien hatte um die Besprechung gebeten - sie verlangt . Sobald er seine Tiraden satt hatte, würde Spraggue die ganze Geschichte hören.
"Hören Sie, Michael", sagte Darien unvermittelt. "Die Bloody Marys, die ganzen verdammten Streiche... es gibt da eine Querverbindung zur Dracula-Legende. Zum Beispiel der Knoblauch, den der Dreckskerl in Minas Nähkorb gelegt hat."
"Das vertreibt die Vampire", meinte Spraggue.
"Genau." Darien strahlte anerkennend. "Und wenn man einen Vampir umbringt, muß man seinen Kopf abschneiden und den Mund mit Knoblauch ausstopfen."
"Angenehme Aufgabe."
"Verhindert, daß er wieder aufersteht."
"Dazu dürfte der abgetrennte Kopf allein schon reichen."
"So lautet die Legende."
"Richtig. Wer hat die Ladung Knoblauch abbekommen, Arthur? Wer spielt die Mina?"
"Caroline Ambrose. Sie erinnern sich an sie? Tony Award. Großartige Schauspielerin. Ich habe eben eine sagenhafte Besetzung, ein absolut hochkarätiges Ensemble..."
"Arthur", unterbrach Spraggue. Er konnte es Darien nicht übelnehmen, so schnell wie möglich um das Thema Ambrose herumzuschippern. Caroline Ambrose: sie allein reichte schon, daß ein Schauspieler auf sein gutbezahltes Engagement verzichtet. "Wissen Sie, Knoblauch in Nähkörben kommt mir nicht sehr apokalyptisch vor."
"Michael, das ist doch nur die Spitze des Eisberges. Auf der Bühne flackern die Scheinwerfer. Irgendwer summt diese quälende, schaurige Melodie, was allein schon völlig ausreicht, einem das Blut in den Adern erstarren zu lassen. Schauspieler sehen unheimliche Gestalten in der Dunkelheit..."
Darien starrte ihn beim Sprechen an. Spraggue ertrug den prüfenden Blick bewegungslos und entspannt. Wenigstens das hatte er auf der Royal Academy of Dramatic Art gelernt. Spraggue unterdrückte ein Lächeln. Hatte er Dariens berühmtem stechendem Blick bei ihrem ersten Treffen genausogut standgehalten? Er bezweifelte es. Er war damals - wieviel? - neun, zehn Jahre jünger gewesen. Einundzwanzig erst, Studienabbrecher von Harvard, nur ein kleiner Anfänger aus einem britischen Repertoire-Ensemble, der nach London gekommen war, um bei Arthur Darien vorzusprechen, dem berühmten amerikanischen Regisseur.
"Warum sagen Sie mir nicht den wirklichen Grund, warum Frank gekündigt hat?" sagte Spraggue.
Darien holte tief Luft, blies seine rosigen Baby-Wangen auf. Er suchte nach einer Möglichkeit, der Antwort auszuweichen, gab dann auf und zuckte die Achseln. "Frank Hodges hatte eine Leidenschaft für Wodka. Zu Hause mixte er sich eine ganze Kanne Drinks, füllte eine Thermosflasche ab und deponierte diese dann in seiner Garderobe. In den Pausen hat er sein geheimes Proviantlager aufgesucht. Wirklich richtig übertrieben hat er's eigentlich nie. Ich würde nie mit einem Alkoholiker Zusammenarbeiten..." Dariens Stimme drohte sich zu verlieren, wurde dann wieder kräftiger. "Wie ich schon sagte, er hat's im Griff gehabt. Und dann, vor zwei Tagen, flitzt er runter, schenkt sich einen auf die Schnelle ein, kippt das Zeug, und..." Darien legte eine dramatische Pause ein.
Er kann einfach nicht anders, dachte Spraggue. Er ist schon solange mit Schauspielern zusammen. Grinsend stahl er Darien die Pointe. "Und irgendwer hatte Franks Bloody Marys mit der wöchentlichen Blutspende fürs Rote Kreuz vertauscht."
"Man mußte nicht mit dem Kerl reden! Man mußte ihn sich nicht mal ansehen ! Er hatte sich übergeben. Hatte immer noch Spritzer an den Mundwinkeln..."
"Ja, ich kann's mir ungefähr vorstellen."
"Frank hat gekündigt. Er ließ nicht mal mit sich reden. Sagte