Die Festung der tausend Speere
2. KAPITEL
König Drust sah sich um, als die Kriegshorde der Venicones den kahlen Hügel hoch über dem verlorenen Barbarenlager erklomm. Er ließ den Blick über die freie Fläche auf beiden Seiten schweifen und schaute dann über seine Schulter nach hinten, keuchend von der Anstrengung des Aufstiegs über den bewaldeten Hang. Der Waldrand lag fünfhundert Schritte hinter dem letzten Krieger der Venicones; ihre anfangs hastige Flucht aus dem umkämpften Lager war schnell erlahmt, denn sie hatten weite Umwege zwischen den eng beisammenstehenden Bäumen machen müssen. Seine Krieger marschierten in einer langgezogenen, auseinandergerisse nen Kolonne über den erbarmungslosen, steilen Pfad, gin gen in Clansgruppen von Speerträgern und Bogenschützen, deren Atem in der kalten Morgenluft dampfte.
Drust spuckte auf die dünne Erdschicht des Hügels und knurrte dem Führer seiner persönlichen Leibwache, der neben ihm lief, eine Bemerkung zu. "Vielleicht sind wir ja heil davongekommen, aber ich bezweifle das. Diese römischen Mistkerle geben nicht so schnell auf."
Der andere Mann verzog das Gesicht. Er hatte Schmerzen in der Brust, weil sich die Anstrengung des langen Aufstiegs allmählich bei ihm bemerkbar machte. "Ja, und wir hinterlassen eine Spur, der sogar ein Blinder folgen könnte."
Der König nickte und blickte wieder zum Waldrand zurück. "Ihre Soldaten werden uns nie erwischen. Nicht auf diesem Boden und nicht wenn sie so viel Gewicht an Waffen und Rüstung tragen müssen. Es sind ihre Reiter, die mir Sorgen machen."
"Sie machen dir Sorgen, Drust? Ich dachte, du und deine Stammeskrieger fürchten nichts und niemanden?"
Der König blickte hoch. Calgus, der immer noch über der breiten Schulter des Mannes lag, der ihn bewusstlos geschlagen hatte, war inzwischen wieder wach geworden. Seine Stimme war noch schwach von den Nachwirkungen des Schlages, aber sein verbitterter Unterton war unverkennbar. Drust streckte den Arm aus und klopfte mit dem Knöchel auf Calgus' Kopf, worauf sich der ehemalige Anführer des Aufstands vor Schmerzen krümmte.
"Calgus! Du lebst also noch? Ich dachte schon, Maon hätte dich vielleicht zu fest geschlagen, aber wie ich sehe, ist dein Schädel genauso dick, wie ich es mir vorgestellt habe."
Calgus grinste matt. "Du kannst mich beleidigen, so viel du willst, Drust. Mir ist klar, dass ich lange deiner Gnade ausgeliefert sein werde, bevor du mich an die Römer verkaufst. Das heißt, natürlich nur wenn sie dich davonkommen lassen ..."
Drust lachte ihm ins Gesicht und hob mit grimmigem Lächeln seinen Streithammer. "Oh, sie werden ihr Bestes geben, um uns aufzuhalten, Calgus, und vielleicht bringen sie auch einige von uns um, aber damit schaffen sie uns nur ein paar Schwächlinge vom Hals und statten uns mit frischen ..."
Weiter unten am Hang ertönte ein Horn, und Drust drehte sich um und blickte zu den Bäumen hinab. Ein einzelner Reiter hatte sich durch den dichten Baumbestand gekämpft und blies ins Horn, um seine Kameraden über die Anwesenheit der Veniconeshorde hoch oben auf dem Hügel nördlich von ihnen zu informieren.
D rust lachte über Calgus' Gesichtsausdruck, der zwische n Hoffnung und Furcht schwankte. "Eine schwere Entscheidung, was, Calgus? Von mir in die Sklaverei verschleppt oder von den Römern gerettet zu werden, die darauf brennen, dich ans Kreuz zu nageln und zuzusehen, wie dir die Krähen die Augen aushacken, während du noch atmest. Schneid seine Fesseln durch und setz ihn ab, Maon, ich brauche deinen Schwertarm für wichtigere Arbeit. Calgus kann entweder mit uns weitermarschieren, oder er lässt sich zurückfallen und findet heraus, was die Römer mit ihm vorhaben." Er erhob seine Stimme. "Ihr Krieger, meine Brüder, schon bald werden uns die Reiter der Römer auf den Fersen sein und darauf brennen, uns die Köpfe abzuschlagen, weil sie mit jedem Mann, den sie töten, ein Kopfgeld verdienen! Wir müssen in Bewegung ble