Ein Herz für Muffins
Kapitel 1
Gerade habe ich noch gedacht, dass dieser Morgen nicht seltsamer werden kann, da sehe ich Charles Griffin auf Skiern die Siebzehnte Straße entlangfahren. Auf Skiern, als wären wir in Aspen. Oder in Vermont. Aber wir sind in Washington, D.C., und im Gegensatz zu den restlichen Bewohnern dieser Stadt, die an diesem verschneiten Dezembermorgen einen heißen Kakao trinken und sich unter ihre flauschigen Decken kuscheln, müssen Charles und ich uns den Launen von Mutter Natur und der Inkompetenz des städtischen Räumdienstes aussetzen.
"Hey!", ruft Charles, während er zwischen den Schneehaufen hindurchgleitet und mit seinen Skistöcken planlos im Boden stochert. Seine Stimme, obwohl gedämpft durch einen Schal, hallt mit der tiefen Erhabenheit eines TV -Korrespondenten wider.
Ich winke und kämpfe mich durch eine hüfthohe Schneeverwehung bis zur Straßenecke, mein Notebook an die Brust gedrückt. Charles presst die Knie zusammen und schafft es, neben mir zum Stehen zu kommen.
"Was für ein Wetter", sagt er und tupft sich mit seiner behandschuhten Hand die Stirn ab. "Wann hatten wir das letzte Mal im Dezember so viel Schnee?"
"Laut dem Chronicle 1932. Die nennen es Snowzilla."
Charles lacht. "Wo ist Tony?"
"Oben, die Ausrüstung holen. Er wird gleich hier sein."
Ich ziehe meine graue Fleecemütze tiefer über meine Ohren und schaue die Siebzehnte Straße hinunter. Normalerweise würde sich um diese Uhrzeit der Berufsverkehr in Richtung Süden wälzen zur K Street, der berüchtigten, stark befahrenen Durchgangsstraße von Ost nach West, die für ihre Lobbyfirmen und großen Denkfabriken bekannt ist. Aber statt eines dichten Stroms aus Fahrzeugen und Taxis und Bussen sehe ich heute nur Schnee. Als jemand, der einmal davon träumte, Artikel über Soufflés und berühmte Köche zu schreiben, muss ich mich fragen, wie ich hier gelandet bin, in Schneestiefeln und halb erfroren, um für einen Außenreporter auf Skiern eine Liveaufnahme zu produzieren.
"Ich komme nicht darüber hinweg, wie leise die Stadt ist", sage ich. "Ich habe die Straßen noch nie so leer gesehen."
Charles klopft mit der Spitze seines rechten Skistocks auf seine Skier. "Ich kann nur jedem empfehlen, sich ein Paar von diesen heißen Brettern zuzulegen."
Ich rolle mit den Augen. "Wie wäre es, wenn wir dich von diesen heißen Brettern runterholen und in Position bringen?"
Charles hebt die Hand, um mich auf Abstand zu halten. "Die Skier bleiben an."
"Charles ..."
"Nein, hör mir zu. Ich habe mir überlegt, wir fangen mit einer Nahaufnahme von mir an, während ich dieses Stück hier auf der Siebzehnten noch einmal runterfahre, und Tony blendet dann nach und nach in die Totale, je näher ich der Kamera komme. Um den Leuten eine Ahnung davon zu vermitteln, wie viel Schnee hier liegt."
"Hast du das mit New York abgeklärt?"
"Das brauche ich nicht mit New York abzuklären."
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Ich schon."
"Nein, brauchst du nicht. Es ist okay. Vertrau mir. Ich mache so was ständig."
Das ist wahr. Charles ist im Grunde der Trottel vor Ort für die Morning Show, obwohl sein offizieller Titel "Korrespondent im Außendienst" lautet. Charles besitzt eine geradezu unheimliche Fähigkeit, sich zum Mittelpunkt jeder Geschichte zu machen, und als seine Aufnahmeleiterin gehört es unter anderem zu meinem Job, Charles immer wieder aus der Patsche zu helfen, als Folge seiner dämlichen Einfälle. Ich würde dieses Verhalten ja seiner Midlife-Crisis zuschreiben, aber nach dem zu urteilen, was ich mitbekommen habe, führt er sich schon seit Jahren wie ein Idiot auf. Als wir letztes Jahr eine Farm in Loudoun County besuchten, um einen Bericht über Agrarsubventionen zu machen, beschloss Charles wieder einmal, den Komiker zu mimen, indem er einen Mähdrescher fuhr - eine Maschine, die er noch nie zuvor bedient hatte und di