Einfluss natürlicher Benutzerschnittstellen zur Steuerung des Sichtfeldes und der Fortbewegung auf Rezeptionsprozesse in virtuellen Lernumgebungen
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Medienangebot: Virtuelle Lernumgebungen
2.1.1 Physische, virtuelle und gemischte Realität
Have you ever had a dream, Neo, that you were so sure was real? What if you were unable to wake from that dream? How would you know the difference between the dream world and the real world? (Morpheus in "The Matrix", The Matrix 1999).
Die Geschichte, die der Film Matrix erzählt, dürfte nicht nur eingeschworenen Kinogängern und Filmexperten bekannt sein. Der Protagonist Neo wird hier von einer subversiven Hackergruppe kontaktiert, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Weltherrschaft der Menschheit zurückzugeben. Denn das, was gemeinhin Realität als empfunden wird, so erfährt Neo in der oben zitierten Filmszene, ist lediglich eine gigantische Computersimulation. Hintergrund ist, dass die Menschheit vor langer Zeit einen Krieg gegen von ihr selbst erschaffene Maschinen künstlicher Intelligenz verloren hat. Um den Kollateralschaden des verdunkelten Himmels zu kompensieren, nutzten die Maschinen fortan menschliche Körper zur Energiegewinnung. Zur Kontrolle sowohl des Bewusstseins als auch des Stoffwechsels der menschlichen Energieträger wurde eine Computersimulation entwickelt - die Matrix.
Doch nicht nur die Behandlung des Themas im postmodernen Kultfilm verdeutlicht die Faszination, die das Spiel mit den Dimensionen von Physis, Virtualität und Realität auf die Menschheit ausübt. Schon Platons Höhlengleichnis thematisierte die Tücken, verlässlich zwischen Schein und Sein zu unterscheiden (vgl. Hörisch 2004: 261). Demnach können auch die dort beschriebenen, sich in einer Höhle befindlichen Gefangenen kein verlässliches Verständnis von Wirklichkeit konzipieren: Sie sind gefesselt, sodass sie weder sich selbst noch andere sehen können. Das einzige, was ihr Augenlicht trifft, sind Schatten ihrer selbst, die durch ein Feuer hervorgerufen werden, das hinter ihnen brennt. Führte man einen der Gefangenen aus der Höhle heraus, so würde er höchstwahrscheinlich das, was er dort sähe, als Illusion einstufen.
Das Beispiel Matrix betont den Aspekt des menschlichen Bewusstseins, der bei der Rezeption von virtuellen Welten eine entscheidende Rolle spielt. Virtuell ist in diesem Szenario die Computersimulation. Die Realität wird durch die physische Existenz des menschlichen Körpers ausgedrückt, bei der jedoch das Bewusstsein fremdgesteuert ausgeschaltet wurde. Dieser Aspekt zählt eindeutig zur Fiktion des Films. Das Beispiel Höhlengleichnis hebt den Aspekt der Perspektive hervor, aus der man auf einen Gegenstand oder Sachverhalt blickt. So haben individuelle Fähigkeiten, Erfahrungen und Interessen einen entscheidenden Einfluss darauf, wie Informationen aus der Umwelt wahrgenommen, eingeordnet und verarbeitet werden. Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass die Frage, was Realität ist und was nicht, die Menschheit seit über zweieinhalbtausend Jahren beschäftigt. Über die "Grenze" zwischen Virtualität und Realität haben viele Gelehrte über Jahrhunderte faszinierende Gedanken entwickelt. Die Darstellung der komplexen philosophischen Debatte soll an dieser Stelle aus Platzgründen ausgespart werden. Stattdessen folgt zunächst eine grundlegende Definition der Begriffe 'Virtualität' und 'Realität'. Dem Fokus dieser Arbeit entsprechend wird im nächsten Schritt auf Lehren und Lernen im Hochschulkontext Bezug genommen. Daran anknüpfend wird im Anschluss an dieses Kapitel zunächst allgemein ein Überblick über den aktuellen Stand des Lehrens und Lernens mit Multimedia gegeben, bevor auf einzelne didaktische Ansätze eingegangen wird, die besondere Relevanz für die Nutzung virtueller Lernumgebungen haben.
Als Ausgangspunkt der Definition dient die Tatsache, dass die Begriffe 'Virtualität' und 'Realität' häufig als Antonyme gegenübergestellt werden. Im allgemeinsprachlichen Wörterbuch Duden werden 'real' und 'virtuell' entsprechend