Positive Führung
1 Führen in Organisationen heute: vom "Boss" zur "eierlegenden Wollmilchsau"
Ältere Führungskräfte erinnern sich gut daran, wie es war, als sie zum ersten Mal eine Führungsfunktion übernommen haben. In der Firma, im Freundeskreis, zu Hause: Überall wurde gratuliert. Man selbst freute sich und war stolz. Heute dagegen werden Menschen, die in der Unternehmenshierarchie aufsteigen, gefragt: "Bist du denn wahnsinnig geworden? Willst du dir und deiner Familie das wirklich antun?"
Übung 1: Wer fordert was von mir?
Schreiben Sie alle Erwartungen und Anforderungen auf, denen Sie sich als Führungskraft ausgesetzt fühlen.
meine eigenen
die der Firmenleitung
die meines Vorgesetzten
die meiner Kollegen
die meiner Mitarbeiter
die meines Partners/meiner Familienangehörigen
die meines Coachs
die der Kapitalgeber
die der Gesellschafter
Die Übung 1 können Sie zur weiteren Bearbeitung unter Arbeitshilfen Online herunterladen.
Früher wurde jemand zur Führungskraft und erhielt damit eine relativ klare Rolle: die des "Ansagers", des "Bosses". Die Rolle einer Führungskraft heute ist mit dem bayrischen Ausdruck der "eierlegenden Wollmilchsau" nur sehr unzureichend beschrieben: Sie muss in allen Fachbereichen glänzen, am besten alles gleichzeitig und sofort erledigen, sämtlichen Ansprüchen genügen und 24 Stunden am Tag sieben Tage in der Woche erreichbar sein.
1.1 Führen - Was ist das überhaupt?
Führen bedeutet,
Ziele zu definieren oder vorgegebene Ziele umzusetzen,
entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen oder bereitzustellen und
auf Menschen einzuwirken, um sie zu Haltungen und Handlungen zu bewegen, die zur Erreichung der Ziele notwendig sind.
Dementsprechend lassen sich die Aufgaben einer Führungskraft wie folgt darstellen:
Abb. 1: Aufgaben einer Führungskraft
Wer Führungskraft wird, wird dies in aller Regel, weil er Fachaufgaben im operativen Bereich exzellent bewältigt. So wird beispielsweise der beste Verkäufer zum Leiter des Verkaufsteams und der beste Mann an der Maschine wird zum Gruppenleiter in der Fertigung.
So war es auch bei Theresa, der vor kurzem die Leitung des Risikomanagements einer mittelgroßen Bank übertragen wurde. Auf einem Führungskräftetraining stellt sie ihre Situation so dar: "Was Risikomanagement betrifft, da macht mir keiner was vor. Ich habe der Bank in den letzten Jahren Unsummen an Wertberichtigungen erspart. Aber trotzdem lassen sich meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von mir nicht führen, obwohl ich ihnen ganz genau erkläre, wonach sie beim Kunden fragen und wie sie ihre Berichte schreiben müssen."
Allem Anschein nach ist Theresa nach wie vor zu schätzungsweise 90 % mit der Erledigung von Fachaufgaben beschäftigt. Für Managementaufgaben wie das Definieren von Zielen, das Planen von Strategien, das Organisieren und Steuern von Umsetzungsprozessen und schließlich das Controlling wendet sie vermutlich höchstens 10 % auf. Für die tatsächlichen (Menschen-)Führungsaufgaben wie etwa Information, Motivation, Kommunikation und Interaktion bleibt dementsprechend gar keine Zeit mehr.
Je weiter jemand in der Hierarchie aufsteigt und je größer dementsprechend die Verantwortung wird, umso mehr muss er sich von den Fachaufgaben verabschieden und umso wichtiger ist die Erfüllung von Management- und echten Führungsaufgaben.
Am Ende des Trainingstages verstand Theresa, dass sie perspektivisch wesentlich mehr von ihren Fachaufga